2015 — Norwegen (Motorrad)
Reisebeschreibung
Im Jahr 2015 war der hohe Norden unser Ziel. Wir wollten zum nördlichsten Punkt Europas, zum „Nordkap“ – zumindest, was mit dem Motorrad zu fahren ist. Ziel war auch, Erfahrungen zu sammeln für unsere große Südamerikareise. So standen der Test von Zelt, Outdoorküche und das Fahren zu Viert auf der To-Do-Liste, die es zu überprüfen galt.
Tag 1 – 03.06.2015 München
Ich möchte dieses Jahr mit der BMW 1150 GS Adventure fahren. Diese große Reisemaschine soll mich zum nördlichsten Punkt Europas bringen. Da wir nicht mit viel Offroad rechnen, ist dieses große Motorrad ideal, um gemütlich die langen Strecken zu fahren. Da ich dieses mal dann doch warme Klamotten, dicke Merinounterwäsche, großes Zelt, Kocher und Töpfe etc. mitnehme und testen möchte, wird die BMW fett bepackt. Wie sich rausstellt, wird das die wichtigste Erkenntnis der Reise sein : weniger + leichter = besser.
Da die Anfahrt zeit- und reifenintensiv ist, haben wir uns dazu entschlossen, den Autozug von München nach Hamburg zu nehmen. So fahren wir gemütlich alle zum Ostbahnhof, wo in diesem Jahr noch der Autozug losgeht. Da wir noch etwas warten müssen, bis die Beladung beginnt, nutzen wir die Zeit für ein Tour-Beginn-Bier im gemütlichen Biergarten.
Irgendwann ist dann Zeit zum Beladen und wir können unsere Motorräder auf die Zugwaggons fahren, wo anschließend die Motorräder vom Personal festgezurrt werden. Bis zur Abfahrt gehen wir noch was Essen, dann geht’s in die Kabine und der Zug rollt los nach Norden.
Tag 2 – 04.06.2015 – Hamburg – Kiel
Nachdem wir die Nacht durchgefahren sind, kommen wir morgens in Hamburg an. Es dauert nicht lang, bis wir unsere Motorräder entladen und kurz nach 9 Uhr sind wir auf den Straßen Hamburgs. Wir fahren zügig auf der Autobahn nach Kiel, unterbrechen die Fahrt noch, um in einem Supermarkt was einzukaufen und kommen rechtzeitig gegen 12 Uhr am Hafen an, wo wir auf die Fähre wollen.
Die Überfahrt ist luxuriös. Wir kennen die Fähren nach Marokko, hier dagegen ist Luxus angesagt. Spielcasinos, Shoppingmalls, Restaurants.
Tag 3 – 05.06.2015 Oslo – Laerdalsoyri
Um 10:30 Uhr können wir in Oslo von der Fähre fahren – wir sind in Norwegen.
Wir verlassen Oslo Richtung Nord-West. Es geht am See Tyrifjorden vorbei und wir besuchen die Stabkirche Borgund, bis wir spät abends gegen 19:00 Uhr in Laerdalsoyri das erste mal unser Zelt aufschlagen.
Tag 4 – 06.06.2015 – Laerdalsoyri – Trollstigen
Tag der Sehenswürdigkeiten. Heute geht es – nachdem wir die Zelte abgebaut haben – nach Norden. Erst fahren wir einige Fjorde entlang, bis wir am berühmten Geiranger Fjord den ersten Stop machen. Weit unten kreuzt sogar ein Kreuzfahrtschiff im Fjord. Während des Tages müssen wir auch mehrmals Fähren benutzen. Norwegens Küstenstraße ist ohne Fähren nicht vorstellbar, so oft durchziehen die tiefen Fjorde die Landschaft. Auf den Fähren machen sich bei Harrys 1100er BMW und meiner 1150er BMW die kurzen Seitenständer bemerkbar. Sehr schief stehen die Motorräder und bei rauerem Seegang befürchten wir ein Umkippen. Aber wir haben immer Glück. Kurz vor Ende des Tages fahren wir das zweite Highlight an. Der bekannte „Trollstigen“ schlängelt sich einen Bergrücken hinunter. Oben beim Fotostop kippt meine BMW auch vom Seitenständer nach vorne weg. Mein einziger Sturz während der Tour… toi toi toi. Als wir den Trollstigen hinter uns haben, kommen wir beim zweiten Campingplatz an und können für die Nacht ruhen.
Tag 5 – 07.06.2015 – Trollstigen – Trondheim
Nach einer langen Tagesetappe mit 4 Fähren sind wir abends nördlich von Trondheim angekommen. Hier oben ist alles zerklüftet. Gegen 18 Uhr fahren wir einen Rastplatz neben der Straße an. Der Fjord Verrasundet liegt neben uns und wir finden ein schönes Fleckchen zum Campen. Das ist der Vorteil in Skandinavien. Das „Jedermannsrecht“ ist eine nette Umschreibung für die Erlaubnis wild zu campen, wenn einige Regeln beachtet werden. Diese Nacht verbringen wir das erste mal in der „Wildnis“, 100 m von der Straße entfernt mit Blick auf den Fjord. Als die Zelte stehen, wird noch gekocht und ein kleines Lagerfeuer macht eine gemütliche Stimmung.
Tag 6 & 7 – 08./09.06.2015 – Trondheim – Lofoten
Der Morgen ist wunderschön. So möchte man jeden Morgen begrüßt werden, wenn man aus dem Zelt schaut. Nach einem heißem Kaffee, den Harry uns zubereitet, geht es wieder auf die Straße.
Eine lange Tagesetappe bringt uns einen großen Schritt in den Norden – und in den Tag hinein. Denn um 19:20 Uhr erreichen wir den nördlichen Polarkreis. Ab hier wird die Sonne im Sommer nie mehr untergehen. Im Winter dafür nie mehr auf… aber wir sind im Juni hier und deshalb werden die Nächte nun zum Tag für uns. Vorteil: man kann bis spät in den „Tag“ hinein fahren und auch erst um 22 Uhr sich nach einem Zeltplatz umsehen. Nachteil: auch um 3 Uhr in der Nacht pfeifen noch die Vögel und das Zelt ist hell…
Gegen 22 Uhr erreichen wir Bode. Von hier wollen wir die Fähre zu den Lofoten nehmen. Um 3 Uhr nachts sind wir auf See und sehen vor uns die Inselgruppe am Horizont auftauchen. Nachdem wir am Hafen ankommen, regnet es und wir fahren den nahegelegenen Campingplatz an und schlagen unsere Zelte auf.
Einige Stunden später so gegen 13 Uhr entscheiden wir uns aber, nicht länger zu bleiben. Im Regen bauen wir unsere Unterkünfte wieder ab und fahren zu einer Kuriosität… dem Ort mit dem kürzesten Namen. Hier sind wir auch am westlichsten Ende der Inselgruppe und wir kehren um, um diese zu überqueren. Das regnerische Wetter durchkühlt uns und wir nutzen einen Wikinger-Museums-Besuch bei Borge, um uns aufzuwärmen. Da die Zelte noch durchnässt in unseren Packsäcken verstaut sind und das Wetter nicht besser wird, wollen wir diese Nacht eine Unterkunft nehmen. In Kabelvag finden wir eine nette Herberge und eine Sauna wird zum Zelttrocknen fremdgenutzt.
Tag 8 – 10.06.2015 – Lofoten – Tromsö
Nach einem leckeren Frühstück sind wir kurz nach 9 Uhr wieder auf unseren Motorrädern und fahren die restlichen km über die Inseln. Jochen hat einmal großes Glück. Da er gerne vorausfährt, wollte er sich mal umsehen, wo wir bleiben – überraschend ändert sich jedoch die Streckenführung und eine Kurve zwingt ihn in den Graben. Zum Glück passiert weder ihm noch seiner BMW was. Zweimal müssen wir noch die Fähre benutzen, bis wir um 11 Uhr erst eine große Brücke, dann einen Tunnel durchfahren und wir wieder das Festland erreichen. Ein Tankstop zwingt uns kurz nach Ledingen abzubiegen, dann richten wir uns wieder nach Osten aus und können bis abends Tromsö erreichen. Erneut bauen wir unsere inzwischen getrockneten Zelte auf einem Campingplatz hier auf.
Tag 9 – 11.06.2015 – Tromso – Alta
Der erste Stop am nächsten Tag ist das Polarmuseum in Tromso. Leider hat es geschlossen. Nachdem wir uns kurz die Füße vertreten haben, steigen wir auf unsere bepackten Bikes und nutzen den langen Tag, um bis 21 Uhr bis nach Alta zu fahren – dort nehmen wir erneut das Jedermannsrecht in Anspruch.
Tag 10 – 12.06.2015 – Nordkap
Heute gelangen wir zum nördlichsten Punkt Europas, der über Straßen erreichbar ist. Über eine windige Strecke geht es immer weiter nach Norden. Der Wind drückt unsere Motorräder schwer auf die Seite. Ein Highlight ist die Fjordunterfahrung kurz vor Honningsvag. Während über uns die Kreuzfahrtschiffe cruisen, geht der Tunnel steil nach unten. Als wir 212 m unter dem Meeresspiegel ankommen, sieht man fast den Knick, der nun wieder nach oben zeigt. Nach 7 km haben wir wieder Tageslicht und ein Grinsen im Gesicht.
Nach dem Zahlen der Parkgebühr bzw. des Eintrittspreises suchen wir einen uns einen Platz für die Motorräder zwischen den anderen Touristenautos und gehen zu Fuß zum Touristengebäude, hinter dem sich die bekannte Weltkugel befindet.
Nach knapp 2 Stunden müssen wir wieder aufbrechen. Ab jetzt geht es wieder nach Süden. Erneut durchqueren wir die winddurchpeitschte Hochebene, durchfahren den Nordkaptunnel und erreichen gegen 17 Uhr die dringend benötigte Tankstelle bei Olderfjord. Hier sind wir am Vortag nach Norden abgebogen, jetzt nehmen wir die südliche Straße.
Als wir dann um 21 Uhr nach einem Nachtlager suchen, können wir uns nicht recht entscheiden. Die Rastplätze an den Seen sprechen uns nicht an und letztendlich zelten wir in einem Waldstück in der Nähe von Skoganvarre, wo uns Mücken ärgern. Wir wussten um diese Plagegeister und waren vorbereitet. Dennoch kann man wirklich gerne auf diese lästigen Biester verzichten.
Tag 11 – 13.06.2015 – Skoganvarre – Kittilä (Finnland)
Die Zelte werden wie immer nach einem Campingaufenthalt abgebaut und eine Stunde später überqueren wir die finnische Grenze. Wir sind wieder in der europäischen Union und der Eurozone angekommen.
Abends finden wir einen Campingplatz bei Kittilä und gönnen uns eine originale finnische Sauna.
Tag 12 – 14.06.2015 – Kittilä- Bergsviken (Schweden)
Der 14. Juni bringt uns erneut über eine Grenze. Das dritte Land – Schweden – wird erreicht. Als wir am Abend in der Nähe der Stadt Bergsviken nach einer Unterkunft suchen, fragt Jochen beherzt einen Anwohner, ob wir auf seinem See-Grundstück unsere Zelte aufschlagen dürfen. Sehr nett erlaubt er uns das und sein Hund leistet uns noch Gesellschaft, als wir gemütlich unter dem Tarp den Tag Revue passieren lassen.
Tag 13 – 15.06.2015 – Bergsviken – Ornsköldsvik
Ein lange Tagesetappe führt uns über schwedische Straßen nach Süden. Wir sehen sehr viele Radarfallen, die es uns nicht erlauben, sehr schnell voranzukommen. In Ornsköldsvik sehe ich ein Schild, welches zu einem Fjallraven-Center zeigt. Interessiert folge ich diesem in der Hoffnung auf einen Fabrikverkauf etc., wo wir ein paar Schnäppchen ergattern könnten. Leider entpuppt sich das Center aber als Sportarena… Pech gehabt.
Abends müssen wir uns erneut nach einer Location umsehen. Zuerst versuchen wir unser Glück in einem Waldweg. Irgendwann erkennen wir aber, dass wir hier keinen Erfolg haben und fahren etwas weiter, wo wir einen Camper-Stellplatz am See erspähen. Um dem frischen Wind zu entgehen, versucht Jürgen hier seinen Poncho mit Heringen zu befestigen. Er wird somit zum 1-Personen-Zelt umfunktioniert ;-).
Tag 14 – 16.06.2015 – Ornsköldsvik – Over-Randsjön
Schweden präsentiert sich hier von seiner schönsten Seite. Wir erspähen Elche am Straßenrand und abends wartet erneut ein schönes Seeufer mit Parkbank auf uns. Unsere Nahrung kaufen wir tagsüber immer in Supermärkten ein. Während einer oder zwei von uns bei den Motorrädern wartet, kaufen die anderen ein und dann wird gewechselt. Oft ist das Ergebnis abends in der Pfanne aber identisch, meistens ein Stück Fleisch gebrutzelt mit Kartoffeln. Sättigt und ist einfach zuzubereiten.
Tag 15 – 17.06.2015 – Over-Randsjön – Oslo
Heute wird das letzte Stück Schweden durchfahren und gegen 13:30 Uhr haben wir erneut Norwegen erreicht. Wir überlegen, wie wir die letzten Tage organisieren. Unsere Fähre geht bald und wir wollen als Puffer mindestens 1 Tag zuvor in Oslo ankommen. Letztendlich entscheiden wir uns aber dazu, schon heute bis nach Oslo weiterzufahren, um die Hauptstadt zu besichtigen. Deshalb geht es zügig weiter und wir können abends schon unsere Motorräder durch Oslo steuern. Ziel ist ein Campingplatz im Süden der Hauptstadt, den wir gegen 21 Uhr erreichen. Selten hab ich einen so luxuriösen Campingplatz gesehen, sogar Musik berieselt uns in den Sanitäranlagen. Ein letztes Mal werden die Zelte aufgebaut. Für mich ist es auch das letzte mal im Husky-Zelt. Ich hatte es für Marokko gekauft und es hat sich gut bewährt. Allerdings löst es sich nun langsam auf, auch kleine Löcher durch Funkenflug sind entstanden. Ich vermache es Harry für seinen „Wacken-Trip“ – und entscheide mich für ein Tunnelzelt, welches mehr Stauraum und eine größere Apside verspricht.
Tag 16 & 17 – 18./19.06.2015 – Oslo
Die letzten zwei Tage sind angebrochen. Den 18. Juni verbringen wir gemütlich auf dem Campingplatz, experimentieren mit Benzinöfen, die nicht anspringen wollen (Jochen) oder verkosten alkoholhaltigen Gerstensaft in Dosen (4 Euro das Stück).
Tags drauf fahren Harry und ich nach Oslo, wo wir die Oper besichtigen und den Hafen bewundern.
Tag 18 – 20.06.2015 – Oslo-Fähre
Das Ende des Motorradurlaubs ist erreicht. Wir packen zusammen und verlassen den Campingplatz gegen 9:30 Uhr, um zum Fährhafen zu fahren, den wir 1,5 Stunden später erreichen. Die Fähre braucht erneut ca. 24 Stunden und einen Tag später erreichen wir Kiel. Wir haben wieder deutschen Boden unter den Rädern.
Tag 19 & 20 – 21./22.06.2015 – Hamburg
In Hamburg können wir einen halben Tag verbringen. Während die anderen die Miniaturwelt in der Hafenstadt bewundern, gönne ich mir eine ruhige Minute in der Sonne. Anschließend fahren wir zum Bahnhof, bevor wir unsere Motorräder um 17:30 Uhr wieder auf den Autozug fahren können. Der letzte Streckenabschnitt in den Süden Deutschlands wird per Bahn angegriffen.
Am 22.06.2015 kommen wir um 9 Uhr in der bayerischen Landeshauptstadt an. Knapp 6000 km sind wir in den skandinavischen Ländern unterwegs gewesen.
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